„Liebe die Tiere, liebe jegliches Gewächs und jegliche Dinge! Wenn du alles liebst, so wird sich dir das Geheimnis Gottes in allen Dingen offenbaren, und du wirst schließlich alle Welt mit Liebe umfassen!“ Aus diesem Zitat von Dostojewskiy geht hervor, dass sich das Geheimnis Gottes in der Schöpfung offenbart. Die Voraussetzung dafür ist die Liebe. Nur ein mit der Liebe erfüllter Mensch vermag dieses große Geheimnis zu erkennen. Und Augustinus bringt es auf den Punkt und sagt: „Soviel in dir Liebe wächst, soviel wächst die Schönheit in dir. Denn die Liebe ist die Schönheit der Seele.“ Wer also die Liebe in sich wachsen lässt, kann die Schönheit der Schöpfung wahrnehmen und immer wieder feststellen, dass Gott, wenn er die Welt so schön geschaffen hat, selber das Schöne ist.
Die Erfahrung darüber machte auch der Psalmist in Ps 8, in dem er die gesamte Schöpfung Gottes mit dem Menschenwesen vergleicht. „HERR, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gebreitet hast über den Himmel. […] Sehe ich deine Himmel, die Werke deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über die Werke deiner Hände, alles hast du gelegt unter seine Füße: Schafe und Rinder, sie alle und auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht. HERR, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!“
Dem Psalmist ist es bewusst, dass in der Herrlichkeit der Erde der Widerschein der Herrlichkeit Gottes erkennbar ist. Wenn man die Schönheit der Natur betrachtet, bezieht man nicht die Dinge auf sich, sondern man öffnet sich für die Dinge und ihre Wahrheit (vgl. R. Spaemann, Meditationen eines Christen. Über die Psalmen 1 – 51, Stuttgart 2014).
In der Reihe der Katechesen über das Glaubensbekenntnis reflektiert Papst Benedikt über Gott als den „Schöpfer des Himmels und der Erde“ und sagt, dass nur der glaubende Mensch in der Natur die Handschrift Gottes lesen kann. Dafür braucht er – so der Papst – die Offenbarung, das Wort Gottes, um die Eigenart des Schöpfers und Vaters recht zu verstehen. Denn die Welt an sich hat eine Ordnung, die aus dem Geist des Schöpfers hervorgeht. Darüber hinaus gibt es ein Geschöpf, das diesen Geist abbildlich empfangen hat: das ist der Mensch. Der Mensch kann leben nur in Beziehung mit anderen, mit Gott, mit Mitmenschen und mit der Natur. Was die letzte Art der Beziehung angeht, lohnt es sich das Leben und das Wirken des hl. Franziskus von Assisi (†1226) zu betrachten. Am Ende seines irdischen Wandels, schwer krank und innerlich bedrückt, komponiert er den Lobpreis auf die Schöpfung. Es ist ein Meisterwerk, ja ein Gebet, das für uns heute, im Hinblick auf die Umweltzerstörung, von großer Aktualität und Bedeutung sein muss. Amen.