Suche und Wahl einer Frau

Wir wollen über ein wichtiges Thema sprechen, das einen oder anderen beschäftigen könnte, besonders im Hinblick auf das bevorstehende Priestertum. Suche und Wahl einer Frau ist unser Thema. Das Priestertum in sich ist ein Dienst, den man sowohl zölibatär als auch verheiratet ausüben kann, zumindest in der Tradition einiger Ostkirchen. Die Lebensentscheidung zu treffen, eine eigene Familie zu gründen, bedeutet im Ehesakrament von Gott gesegnet zu sein mit einer Frau, mit der man bereit ist, gemeinsam den Weg zur Heiligkeit zu gehen. Natürlich steht man als junger Mann vor einer der größten Herausforderung des Lebens, mit der Frage, wer ist diese, die bereit wäre den Weg mit mir zu gehen. Als junger Mann hat man bestimmt Vorstellungen oder Träume in Bezug auf die künftige Lebenspartnerin. Für den ist es wichtig, dass sie hübsch und attraktiv ist. Für den anderen vielleicht, dass die künftige Frau besonders klug ist. Ein dritter wiederum stellt möglicherweise das soziale Milieu, aus dem seine Geliebte kommt, in den Vordergrund, oder anderes formuliert, ob sie in seinen Augen reich genug ist. Mancher Mann wünscht sich sogar alle drei der genannten Voraussetzungen bei seiner künftigen Ehefrau zu finden.

Wenn man nur solchen Idealvorstellungen Raum gibt, kann es sein, dass man die richtige nie findet. Wer eine Familie gründen will, sollte sich als Erstes fragen, was das Sakrament der Ehe überhaupt bedeutet. Sehr wichtig ist auch die Frage an sich selbst: Kann ich guter Priester zugleich ein guter Ehemann und guter Familienvater sein? Es scheint mir sehr wichtig zu sein, sich schon während des Studiums ernsthaft Gedanken darüber zu machen. Ebenfalls sollte man sich klar darüber sein, dass man das Ehesakrament nicht als eine Trittstufe auf dem Weg zum Priestertum verstehen kann. All die Fragen bilden den Ausgangspunkt oder die Voraussetzungen für die Suche und Wahl einer Ehefrau.

Doch bevor ich Euch einige Kriterien dafür nenne, möchte ich den oben gestellten Fragen an dieser Stelle Raum geben.

Eine eheliche Lebensform bedeutet für den Priester eine Herausforderung im Sinne des Evangeliums und darf insofern nicht bloß als ein »Zugeständnis« an menschliche Bedürfnisse und Sehnsüchte angesehen werden. Der verheiratete Priester wird mit seiner Frau für die Gemeinde in gleicher Weise ein Vorbild für ein gelungenes Leben im Sinne des Evangeliums zu sein haben. Dies erfordert eine vertiefte Verinnerlichung der Theologie der Ehe als Form der Nachfolge, die man als Priester gemeinsam mit der eigenen Frau leben möchte. Der Frage nach der Stellung der Frau eines Priesters innerhalb der Gemeinde wie auch im Leben der Familie kommt insofern heute eine eigene Bedeutung zu, da sich hier manches inzwischen wesentlich geändert hat, da Ehefrauen von Priestern öfters einem eigenen Beruf nachgehen und nicht mehr sozusagen die »Magd« der Gemeinde sein wollen.

Der ostkirchliche Ritus versteht die Trauung nicht nur als Anfang eines konkreten Zusammenlebens in Ehe, Familie und Gesellschaft, sondern er betrachtet das Leben der Ehepartner in mystisch-soteriologischer und endzeitlicher Perspektive, also »über den Tod hinaus«. Schon darin wird sichtbar, dass die Ehe nach kirchlichem Verständnis nicht nur »abgesegnet« wird, sondern durch die liturgische Handlung eine ganze neue Dimension erhält. Nach östlichem Verständnis nahm Christus die menschliche Natur an, aber er selber stammte nicht von der Erde, sondern vom Himmel (1 Kor 15,45-47), so dass er als der neue Adam das Gleichgewicht der Geschlechter wiederherstellt (Gal 3,27f.), weshalb die Kirche von der ehelichen Verbindung als dem »großen Mysterium« der Liebe (Eph 5,32) spricht.[1] Das eheliche Leben bildet jene »kleine Kirche«, nicht bloß weil sie die Keimzelle menschlicher Gesellschaft darstellt, denn in ihr führt das mystische Handeln der Kirche zur Heiligung des Menschen und der menschlichen Gesellschaft als Grundlage einer neuen Welt (vgl. 1 Kor 7,12-14). So spiegelt sich in der Ehe das innertrinitarische Leben wider, wie auch der Ursprung der Ehe nicht im Sündenfall, sondern in der ursprünglichen Schöpfung liegt, hat der dreieinige Gott sie doch geschaffen. Dies alles zeigt sich recht deutlich im Ritus, der die Segnung der Brautleute in Beziehung setzt zum Segen Gottes für Adam und Eva im Paradies und zur Vollendung der Menschheit im neuen Jerusalem am Ende der Zeiten (Apk 21,10f.). In all dem zeigt sich der hohe Anspruch, dem ein Priester in und mit seiner Ehe zu entsprechen hat. Deshalb bedarf er einer guten und geistlichen Hinführung zum Ehesakrament. Diese gute und geistliche Hinführung kann nur gelingen, wenn zwischen Mann und Frau die „Chemie“ stimmt. Aus dem Chemieunterricht weiß man ja, nur ganz wenig Wasser versetzt eine Mischung von Zink, Ammoniumnitrat, Ammoniumchlorid in Flamme. Damit es künftig weniger brennt, sollte man schon im Voraus genau schauen, aber auch denken, welche ist die richtige Frau für mich als Priester?

Gibt es also bestimmte Kriterien, die helfen können, diese richtige zu finden?

Das erste Kriterium: Sympathie. Zunächst findet man eine Person sympathisch und diese Sympathie wird zu einer Anziehungskraft für spätere Beziehung. Eine Sympathie, Verliebtheit mit rosaroter Brille muss wachsen, sonst bleibt sie nur beim Äußeren, das vergänglich ist: Einfach gesagt, jeder Mensch wird älter und mit der Zeit verliert er seine Jugendreize. Zwei Verliebte müssen dem paulinischen Verständnis der Liebe gewachsen sein und dies auch verinnerlichen: Diese Liebe ist langmütig und gütig. Sie prahlt nicht, sucht nicht ihren Vorteil und reizt nicht zum Zorn. Sie ist nicht nachtragend, freut sich nicht über Unrecht, sondern erfreut sich an der Wahrheit. Diese Liebe erträgt alles, glaubt alles, hat immer Hoffnung und hält allem stand (Vgl. 1 Kor 13). Hl. Johannes sagt es: Gott ist selbst die Liebe und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm (1 Joh 4,16). Aus dieser Beschreibung der Liebe in der Bibel erwächst auch Ehrfurcht und Staunen vor der menschlichen Würde bzw. Größe; Ehrfurcht und Staunen vor einer Person, die ich liebe.

Staunend vor der Größe der anderen zu stehen ist viel tiefer als nur ein Bewundern und Respektieren. Das Staunen entsteht in der Tiefe des Herzens. In dieser Wahrnehmung versteckt sich auch der Schlüssel zum Geheimnis dauerhaft glücklicher Beziehung. Wenn ich als junger Mann von einem Mädchen im Herzen berührt werde, erfahre ich zugleich eigene Größe, Würde und Wert.

Das zweite Kriterium: Kommunikation.

In Bezug auf eine zukünftige Ehefrau muss sich der Mann fragen. Nehme ich und meine Freundin die Wirklichkeit auf ähnliche Weise wahr? Wenn wir einander etwas erzählen, wissen wir dann schnell, was der andere meint? Können wir miteinander über dieselben Dinge lachen? Haben wir gemeinsame Themen, die wir gerne besprechen? Wirken Menschen und Situationen sich auf uns ähnlich aus? In einer Ehe müssen die Eheleute fähig sein, von Herz zu Herz sprechen zu lernen, nicht nur über den Haushalt, Kinder etc., sondern auch über sich selbst, auch im Hinblick auf Gott, Glauben und Gebet. So ein Gespräch zwischen den beiden Herzen nenne ich „Kommunikationsmysterium“. Das Wort Kommunikation kommt aus dem Lateinischen („communicare“) und bedeutet „teilen, teilnehmen lassen, teilhaben, etwas gemeinsam machen, vereinigen“. Eine Kommunikation zwischen zwei Personen bedeutet gegenseitige Teilhabe am Leben des anderen. Wenn ich z. B. die Hl. Eucharistie empfange, habe ich communio (Gemeinschaft) mit Christus. Christus selbst nimmt also teil an meinem Leben und ich wiederum habe teil am göttlichen Leben. Für den hl. Augustinus ist die Eucharistie ein „Sakrament der Hingabe, Zeichen der Einheit, Band der Liebe”[2]. Ebenso kann die Kommunikation von Herz zu Herz zwischen Mann und Frau auch zum Zeichen der Einheit und zum Band der Liebe werden.

Das dritte Kriterium: Selbstreflexion sowie Bereitschaft, sich zu bessern und zu verzeihen.

Hier geht es darum, dass künftige Eheleute, noch vor der Trauung, versuchen sollen zu erkennen, welche Stärken und Schwächen sie haben, denn in der Ehe sollen die beiden ein Fleisch (Eph 5,31) sein, in dem Schwächen und Stärken der Partner sich ausgleichen, wenn sie dies annehmen und zulassen. Ansonsten wird das Familienleben zum Schlachtfeld, in der Auseinandersetzung wer der bessere sei und wer das „Sagen“ hat. Ein Zauberwort im Leben einer Familie ist das Wort „Verzeih bitte!“, das mit der Absicht, sich zu bessern, verbunden ist.

Das vierte Kriterium ist die gemeinsame Vision für das Leben; was streben wir gemeinsam an?

Wichtige Einflüsse auf die Schaffung einer gemeinsamen Lebensvision haben Herkunft, Mentalität, Erziehung, Bildung, Lebensentwürfe, Werte und Grundhaltungen der künftigen Lebenspartner. Denn wer Hand in Hand gehen will, soll das gleiche Ziel vor sich haben. Cicero meint: Freundschaft ist Überreinstimmung in göttlichen und menschlichen Dingen. Für einen angehenden Priester ist es von großer Bedeutung zu wissen, dass seine Frau gläubig ist und sich mit der kirchlichen Gemeinschaft identifiziert und ihn in seinem Dienst unterstützen wird. Sonst ist das ein Reich, das in sich gespalten ist, ein Reich, das kein Bestehen haben wird.

Das fünfte Kriterium: gemeinsame Interessen.

Solche Interessen müssen noch vor der Ehe zu erkennen sein. Wer z. B. ein begeisterter Sportler ist, wird sich schwer tun mit einer Person, die am Sport keine Freude hat. Wer ein Priester werden will, wird nicht glücklich werden mit einer Person, für die Glauben, Gott und Kirche nebensächlich sind. Sehr hilfreich für eine feste Beziehung sind auch gemeinsame Hobbys und Freizeitaktivitäten. Denn für die meisten Eheprobleme sind es die kleinen, unwesentlichen Dinge, die immer wieder die Harmonie stören. Einfach gesagt, wer nicht gerne bei jedem Wetter spazieren geht, soll sich lieber keinen Bernhardiner-Hund zulegen.

Über all das Gesagte hinaus muss gelten, dass das feste Fundament für jede Familie (das beginnt schon beim Kennenlernen) Jesus Christus ist. Jesus – unser Gott und Bruder, der bereit ist, das Familien-Alltagswasser in den guten Wein der Freude und des Glücks zu verwandeln. Eheleute, die nicht versuchen, ihr Leben mit Christus zu leben, sind sie dann steinernen Krügen ähnlich, die zwar mit 100 Liter Wasser gefüllt sind, aber weder für sich selbst noch für die Gäste Freude bereiten. Amen.


[1] Johannes Chrysostomus, Hom. 12,5 in Col. (PG 62,387).

[2] Augustinus, In Ioann. Ev. Tr. 26, 6, 13; PL 35, 1613.