Immer öfter wird in den Massenmedien, auf der Straße und auf unseren Lippen das Wort Advent oder Weihnachtsfest verwendet. Heute in einem Monat ist es tatsächlich soweit – die Geburt Jesu Christi. Aber, was ist eigentlich dieser Advent? Ist das nur Adventsmarkt mit Glühwein und Plätzchen, vier Kranzkerzen, fromme Adventslieder und schöne Geschenke? Oder ist der Advent wirklich die Vorbereitungszeit auf das Weihnachtsfest, in der man nicht nur etwas vorbereitet, sondern sich selbst. Wie ist es möglich in der Hektik der Zeit das Wesentliche nicht zu verpassen?
In einem berühmten Adventslied heißt es: Sehet, die Kerze brennen! Es beginnt eine heilige Zeit. Machet dem Herrn den Weg bereit! Freut euch, ihr Christen! Freuet euch sehr. Schon ist nahe der Herr.
Was schön besungen wird, muss aber noch Realität werden, sonst sind das nur leere Worte. Kerzen, heilige Zeit, Wegbahnen, sich freuen über die Ankunft des Herrn ist das, was Romano Guardini in einem Büchlein auf den Punkt gebracht hat, indem er schreibt: „Wirklicher Advent entsteht aus […] dem Innern des glaubenden Menschenherzens und, nein vor allem, aus der Tiefe von Gottes Liebe. Aber wir müssen Seiner Liebe den Weg bereiten“( R. Guardini, Nähe des Herrn (Topos 242), Mainz 21995, 16).
Das lateinische Wort „adventus“, welches auf Griechisch „ἐπιφάνεια“ lautet, bedeutet auf Deutsch „Ankunft“ von jemandem oder angekommen sein. Also, einer, der kommen wird und zugleich schon da ist: Zukunft und Gegenwart. Das Präfix ad weist auf eine Bewegung auf das Ziel hin. Ankunft bedeutet daher das Ende einer Reise. Den ersten Besuch eines römischen Imperators in einer Stadt oder Provinz bezeichnet man als adventus. Selbstverständlich gehörten zur Empfangszeremonie entsprechende Vorbereitungen.
Der Einzug des Kaisers Konstantin, als er im Jahre 354 drei Tage in Rom weilte, wird im römischen Kalender des Philocatus als „adventus divi“ bezeichnet: Ankunft des Göttlichen (CIL. I, 352, 397).
Die Kirche hat also das Wort „adventus“ und dessen Verständnis auf Christus übertragen, auf den wahren König, der im Fleische zu Bethlehem geboren wurde und der auch in seiner Herrlichkeit wiederkommen wird. Wie sich das Römische Volk früher auf den Besuch des Kaisers vorbereitete, um ihn würdig zu empfangen, nehmen sich auch die Christen eine Zeit zur Vorbereitung, nicht nur auf die Feier der Ankunft Christi in seiner Geburt, sondern auch auf seine zweite Wiederkehr in Herrlichkeit.
Wenn wir uns also auf die Feier der Geburt Jesu vorbereiten, tun wir das gleichzeitig im Blick auf sein zweites Kommen bzw. auf eine Begegnung mit ihm. Von der Begrifflichkeit her wurde im NT das griechische „παρουσία“ (die endgültige Wiederkehr Christi) und „ἐπιφάνεια“ (sichtbare Erscheinung Gottes, vgl. 1 Tim 6,14) mit „adventus“ auf Latein wiedergegeben (vgl. Mt 24,3). Im lat. NT versteht man unter „adventus“ immer die letzte Wiederkehr Christi. Bei Ignatius von Antiochien aber bedeutet παρουσία die erste Ankunft Christi (IgnPhil 9), wie auch bei Justin dem Märtyrer, der das erste und das zweite Kommen Christi ebenfalls παρουσία nennt (1 apol. 52).
Warum, fragt Ihr Euch vielleicht, sagt er uns das? Was hat das mit uns zu tun?
Meine Absicht ist, mich selbst und auch Euch daran zu erinnern, dass adventus domini nicht etwas Abstraktes, sondern eine Haltung des Gläubigen ist, in der er sich nach einer Begegnung mit dem Heiland sehnt. Probe und Übung für diese Begegnung bietet uns jedes Jahr das Weihnachtsfest an. Das Weihnachtsfest ist also mehr als die schöne Feier des „Geburtstags Jesu“ und die Adventszeit ist mehr als die Vorbereitungszeremonie auf dieses Ereignis. Weihnachten beginnt in mir selbst, in meinem Herzen und Adventszeit ist eine heilige Zeit, um mich auf Christus vorzubereiten.
Als am Freitag, den 15. November „von der hohen Kanzel des COr“ proklamiert wurde, dass das Weihnachtsfasten (Philippus-Fasten) beginnt, lächelte man dem Proklamierenden dankbar entgegen für diese Botschaft, denn damit begann gemäß der Typikon in der byzantinischen Kirche die 40-tädige Vorbereitungszeit auf die Geburt Christi.
In 30 Tagen wird uns wieder eine Botschaft proklamiert: Heute feiert die Kirche die Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Und das war´s…Damit es aber nicht zur Routine wird, von einem Kirchenjahrestag (Beginn des Fastens), zu anderem (Geburt Christi) zu schreiten, muss jeder für sich diesen Zeitraum mit dem rechten Sinn füllen. Dazu braucht man den Willen, Disziplin und vor allem Liebe…
Romano Guardini empfiehlt für die Adventszeit ein geistliches Buch zu lesen mit offenem Herzen und im Verlangen des Geistes. Eine gute Empfehlung, die erweitert und verstärkt werden kann durch das innere Besinnen, das persönliche Gebet, durch die hl. Sakramente der Eucharistie und Beichte. Natürlich es gäbe hier viel zu empfehlen, wie etwa Verzicht oder Reduzierung des „Online-Modus“. Denn dieses ständig „Online-Sein“ ist unser moderner Zeitdieb. Man kann auch einen guten Film anschauen, der innerlich aufbaut und Freude schenkt. Man kann vieles unternehmen, letztendlich ist das jedem selbst überlassen, wie ernst er es mit seiner Berufung, mit seinem Priester-Werden meint. Die 40 Tage vor Weihnachten sind immer ein Anstoß, um neu zu beginnen, neu aufzubrechen, um dem Herrn in der Krippe würdig zu huldigen. Metaphorisch ausgedrückt sind wir in der heutigen Zeit ein „Esel-Transfer“ für Jesus und seine lebendige Strohkrippe. Maria und Josef nahmen den langen Weg von rund 160 km und mehrtägige Strapazen von Nazareth nach Bethlehem auf sich, damit Jesus in der Stadt Davids geboren werden konnte. Wir aber brauchen manchmal das ganze Leben, um den Weg zu Christus in uns selbst zu durchwandern. Ein langer Weg in uns ist der Weg vom Kopf ins Herz…ein noch längerer der Weg vom Kopf in die Hand. Und das sollte immer wieder geübt werden. Der Advent bietet sich besonders dazu an. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen eine gesegnete Adventszeit. Amen.