
Des Weiteren wenden wir uns dem Apostel Andreas, indem wir über sein Leben, sein Wirken und seinen Tod nachdenken. Sein griechischer Name bedeutet „mutig“, „mannhaft“ und verrät uns nicht nur eine gewisse kulturelle Aufgeschlossenheit zur griechischen Welt, sondern auch als Bestätigung für seinen tapferen Charakter dient. Im hellenistisch geprägten Bethsaida geboren, Bruder des Simon Petrus, vom Beruf Fischer. Er war zunächst Jünger des Johannes (Joh 1,40), später aber Apostel Christi, der vermutlich durch seine Offenheit und Kenntnisse griechischer Sprache im östlichen Teil des römischen Imperiums missioniert hat. In der slawischen Nestorchronik aus dem 12. Jhd. wird ein Aufenthalt des Andreas auf den Kiewer Hügeln beschrieben. Andreas der Erstberufene und sein Bruder Petrus werden zu den Oberhäuptern des östlichen und westlichen Teiles des Römerreiches.
Neben den Apostellisten (Mt 4,18-22; Mk 1,16-20; Lk 6,12-16) gibt es noch einige markante Stellen, mit deren Hilfe wir einiges über Denkweise und Verhalten des Andreas erkennen und zugleich Brücken zu unserem geistlichen Leben schlagen können.
Andreas war ein Suchender (Joh 1,35-42)
Bevor Andreas Jesus nachgefolgt ist, war er unter den Schülern von Johannes dem Täufer und sobald er die Worte hörte „Seht, das ist das Lamm Gottes“ folgte er diesem Lamm nach. Er lässt sich nicht in Verwirrung bringen von Jesu Worten „Was sucht ihr?“, sondern stellt ihm gleich die Frage „Wo wohnst du?“ bzw. wo ist deine Bleibe? Es ist genauso, wenn wir einem fremden Menschen begegnen oder z. B. einem Mädchen, fragen wir dann zunächst nach dem Namen, später aber, wo dieser Mensch herkommt. Dies sind für uns Informationen, die uns einen ersten Eindruck über diesen Menschen vermitteln und uns ein Gefühl dafür geben, ob wir ihn als gut und zuverlässig annehmen können. Andreas war sich sicher, den „Richtigen“ gefunden zu haben, weil er den Mut hatte zu Jesus zu kommen und zu sehen, wo seine Bleibe ist. Andreas’ lange Suche wurde mit Erfolg gekrönt. Nun sollten wir uns fragen, ob wir uns, ähnlich wie Andreas, Mühe geben in unserem Alltag, in unserem Studium, auch im Kolleg, Jesus zu suchen oder vielleicht empfinden wir keine Sehnsucht nach ihm. Erscheint uns womöglich alles, was mit Gott zu tun hat langweilig und überflüssig? Sagen wir uns etwa eines Tages, auf dem halben Weg zu dem „Richtigen“, zu Seiner Bleibe, es reicht und geben auf? Aber das wäre ein großer Fehler! Denn wenn wir selbst als angehende oder bereits geweihte Priester Jesus nicht finden, dann werden wir ihn auch den anderen nie zeigen können. Dann sind wir in der Gefahr den Weg zu ihm für andere zu versperren. An unserem leichtsinnigen Verhalten, an unserer Gleichgültigkeit, an mangelhafter Ehrfurcht, wie z. B. durch unnötiges Schwätzen, am Auslachen der Mitschwestern und Mitbrüder, können die anderen Mitchristen Anstoß nehmen. Dann gelten die harten Worte Jesu über die Verführung der Kleingläubigen (Lk 17,1-3) auch für uns!
Andreas war ein Führender und ein Teilender
Er hat sogar seinen Bruder Petrus zu Jesus geführt und teilte mit ihm sehr gerne seine Freude über den Fund des Messias. Wer sonst, wenn nicht Priester, wenn nicht wir, sollten die Menschen zu Gott führen – um mit ihnen unsere persönliche Freude am Glauben, ja unsere Begeisterung zu teilen. Die Welt heutzutage braucht nicht so sehr die hohe Wissenschaft über Gott, sondern vielmehr Menschen, die in Gottes Wort leben, die ihn mit ihrer Lebensweise bezeugen. Und wer sonst, wenn nicht wir, sollten diese verantwortungsvolle Aufgabe erfüllen!
Andreas war ein die Initiative – Ergreifender
Nach Joh 6,8ff ergreift Andreas die Initiative und bringt einen Jungen zu Jesus, der fünf Gestenbrote und zwei Fische bei sich hatte. Andreas war aufmerksam; er sah hungrige Leute und ihre Not; er hörte auch die Worte des Philippus, dass zweihundert Denare nicht ausreichen würden, um Essen für so viele kaufen zu können. Diese von Andreas gebrachten wenigen Brote und Fische, also ein winziger Teil der eigentlich benötigten Nahrung, werden in den Händen Jesu zu einer Fülle der Sättigung für die Menschenmenge. Diese wunderbare Speisung war und ist prägend für Kardinal Meisner, der bei Besuch des Collegium Orientale, im Sommer 2016 sagte, dass wir keine Angst haben sollen, kleine Gaben vor Gott zu bringen, denn durch Gott können sie eine Fülle werden. Ein Priester, der keine Ideen hat, der sich nicht voll einsetzen will oder der sich fürchtet den Menschen voranzugehen ist dem Apostel Andreas nicht ähnlich. Und die Gemeinde, für die er verantwortlich ist, bleibt geistlich leblos, tot.
Andreas war ein Mutiger
Er wagt nach Mk 13,1-4 mit Petrus, Jakobus und Johannes Jesus zu fragen, wann das Ende kommt. Heutzutage Mut zu haben, den eigenen Glauben öffentlich zu bekennen, Mut zu haben nach Geboten Gottes zu leben; Mut zu haben immer die eigenen Überzeugungen zu vertreten, auch in schwierigen und einsamen Situationen – das ist der Sinn und die Forderung der christlichen Moral.
Andreas war ein Vermittler
Nach Joh 12,23f fungiert er mit Philippus als Vermittler bzw. Dolmetscher zwischen Jesus und einigen Griechen, die zum Paschafest kamen. Auf die Begegnung mit den Griechen antwortet Jesus mit den Worten über das Weizenkorn, das in die Erde fallen und sterben muss, denn nur so bringt es reiche Frucht. Dieses in die Erde gesäte Weizenkorn, das Symbol für Jesu Tod und seine Auferstehung, brachte unter den Griechen reiche Frucht des Glaubenszeugnisses. Der Vermittler wird zum Erleuchter, der Dolmetscher wird auch zum Weizenkorn, das schließlich auch am Kreuz in Patras hingerichtet wird. Auch wir sollen Vermittler und Dolmetscher der Geheimnisse Gottes sein. Oft hängt es von uns ab, ob die Frucht erbracht wird oder nicht. Also, der Apostel Andreas ist jedem von uns in vielen Aspekten ein leuchtendes Vorbild zur Nachfolge Christi. Sind wir aber dessen bewusst? Amen.