Der hl. Johannes der Täufer

Deesis Mosaic, Byzantine icon of Jesus Christ, Virgin Mary and John the Baptist in Hagia Sophia

Weihnachten, Neues Jahr, Theophanie und all die Feste, die wir gerade gefeiert haben, brachten uns in ein Feier-Modus, aus dem man jetzt rauskommen muss. An den Feiertagen haben wir von allen möglichen Medien: Internetseiten, sozialen Netzwerken, Fernsehen, Zeitungen viele Glückwünsche zu Weihnachten und zum Neuen Jahr 2020 gelesen, gesehen und gehört. Ein Fest wie Geburt oder die Taufe des Herrn bot auch den Kirchenvorstehern gute Gelegenheit, sich mit einer Botschaft an die Gläubigen zu wenden. Wann sonst, wenn nicht jetzt… Doch mag wohl mancher meinen, es ist jetzt genug des Guten; ich habe in der letzten Zeit so viel gehört oder hören müssen, was homiletische Ausführungen angeht, dass ich keine Lust mehr darauf habe; bin satt von Predigten, von einer „Überdosis“ an Botschaften…

Vor diesem möglichen Hintergrund will ich meine Botschaft heute kurz halten und dabei euren Blick auf die Person des hl. Johannes des Täufers lenken. Dies im Hinblick auf das bereits gefeierte Theophanie-Fest. Und ich möchte die Fragen stellen: Wer war dieser Johannes? Welche Charakterzüge hatte er? Und schließlich: Können seine Lebensform und sein Habitus mir weiter helfen, um ein guter Priester zu sein?

Im Troparion wird Johannes besungen als Prophet und Vorläufer Christi, als Wüstenbewohner, als Hörer der Vatersstimme, als Täufer des Herrn, als Augenzeuge der Erscheinung des Heiligen Geistes, als Verkündiger der Buße, als einer, der unsere Sündenvergebung erbittet, als Fürbitter bei Gott.

Von den Evangelien und der Apostelgeschichte wissen wir, dass er unter Herodes dem Großen (37-4 v. Chr.) geboren wurde und aus einer jüdischen Priesterfamilie stammte. Weil er der Priesterfamilie angehörte, war er ebenso, wie sein Vater, Priester. Er ist um das Jahr 28 in der Wüste Juda und in der Jordangegend aufgetreten. In seiner Predigt rief er die Menschen zur Umkehr auf und die Wassertaufe diente als persönliches Versprechen dieser „Umkehr“. Unter Herodes Antipas (4 v.Chr.-39 n.Chr.) wurde er, wegen seiner Kritik an dessen Ehe und eines möglichen Aufruhrs gegen Herodes von diesem hingerichtet. Darüber berichtet z. B. Josephus in ant XVIII 5,2 §116-119 folgendes: „Manche Juden waren übrigens der Ansicht, der Untergang der Streitmacht des Herodes sei nur dem Zorne Gottes zuzuschreiben, der für die Tötung Johannes des Täufers die gerechte Strafe gefordert habe. Den letzteren nämlich hatte Herodes hinrichten lassen, obwohl er ein guter Mann war, der die Juden anhielt, nach Vollkommenheit zu streben, indem er sie ermahnte, Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen. […] Da nun infolge der wunderbaren Anziehungskraft solcher Reden eine gewaltige Menschenmenge zu Johannes strömte, fürchtete Herodes, das Ansehen des Mannes, dessen Rat allgemein befolgt zu werden schien, möchte das Volk zum Aufruhr treiben, und hielt es daher für besser, ihn rechtzeitig aus dem Wege zu räumen […].“

Aus den uns bekannten Quellen lassen sich einige Eigenschaften des Johannes erschließen, die meines Erachtens auch für uns, Seminaristen, Diakonen, Priester von heute prägend sein können. Johannes’ Verhalten und Lebensweise hat die Menschen von damals fasziniert. Könnten wir ihm ähnlicher werden, wären die Menschen von heute vielleicht leichter zu begeistern für die „Umkehr“ zu Gott und zum Glauben.

Johannes war der Täufer (Mt 3,13ff.; Mk 1,9ff.; Lk 3,21ff.), hält sich aber nicht für würdig, Jesus die Schuhe aufzuschnüren, geschweige denn ihn zu taufen. Auch wir als Priester werden immer wieder „Täufer“ sein im Namen des dreieinigen Gottes. So fragen wir uns heute, welche Einstellung habe ich zu meiner eigenen Taufe? Was heißt es, getauft zu sein?

Johannes war der Vorläufer des Herrn. Was ist ein Vorläufer? Einer, der vorausläuft und ankündigt. So ist Johannes Jesus vorausgegangen und hat ihm den Weg gebahnt (Mt 3,3). Auch die Priester sollen diejenigen sein, die Christus den Weg zu andern Menschen bahnen. Dies werden sie nur dann vermögen, wenn sie selbst den Weg kennen bzw. das geistliche Navi in sich tragen.

Johannes war die rufende Stimme in der Wüste: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe – hat er verkündigt und seine Worte fanden Gehör und elektrisierten die Menschen. Warum? Weil Johannes authentisch und glaubwürdig war. Was er predigte, entsprach seiner Lebensweise. Er predigte eben nicht Wasser und trank selbst Wein, nein, er war vertrauenswürdig und daher hörten die Menschen auf sein Wort. Glaubwürdig zu sein, authentisch zu leben und zu handeln wird von jedem Menschen erwartet. Für den Priester aber ist es Aufgabe und höchste Verpflichtung. Und diese Fähigkeit fällt nicht vom Himmel, sondern sie muss jeden Tag bewusst geübt werden. Mut zu haben und Worte mit Liebe „gewürzt“ zu finden, um auf Unrecht oder Ungerechtigkeit in der Gesellschaft oder im Leben anderer hinzuweisen (vgl. Mk 6,17-29 parr.), ist eine Kunst, die in der tiefen Beziehung zu Gott wurzelt. Das Troparion sagt, Johannes habe die Vaters Stimme gehört, dass Jesus der geliebte Sohn Gottes sei und aus dem Gehörten sowie aus der Gewissheit, geliebt zu sein, konnte Johannes im Volk seine Stimme erheben.

Johannes war die Brückengestalt zwischen dem Alten und Neuen Testament und ein Prophet (Mt 11,9-11 parr.). Als letzterer vertritt er alle alttestamentlichen Propheten Israels und als ersterer kündet er die kommende Himmelsherrschaft an. In seiner Person vereint er beides. Auch Priester stehen oft als Brückengestalten zwischen dem alten und neuen, zwischen Tradition und neuen Trends. Dafür braucht man pastorale Klugheit, die in Freundschaft mit Gott verwurzelt sein muss.

Johannes war genügsam. Dies kommt besonders darin zum Ausdruck, dass er Kleidung von Kamelhaaren anhatte und sich aus Heuschrecken und wildem Honig ernährte. Johannes begnügte sich also mit dem, was Gott ihm täglich gab. Als Priester müssen wir uns nicht mit Kleidung von Kamelhaaren bekleiden, aber wir müssen darauf achten, was und wie wir angezogen sind. Das muss nicht unbedingt der neuesten Mode entsprechen, aber was wir anziehen, soll sauber, gebügelt und gepflegt sein. Wenn unser äußeres Erscheinungsbild es verhindert mit Menschen ins Gespräch zu kommen, tragen wir dafür die Verantwortung. Als Priester müssen wir nicht Heuschrecken und wilden Honig als Nahrung zu uns nehmen, aber wir müssen darauf achten, was und wieviel wir essen. Es ist sehr wichtig, diszipliniert und maßvoll zu leben. Das soll nicht bedeuten, dass die Maß (Bier) immer voll sein soll!

Johannes war ein frommer, heiliger und guter Mensch (vgl. Mk 6,20; Josephus bezeichnet ihn als gut). Auch Priester müssen fromm, heilig und gut zu anderen sein.

Johannes war ein Lehrer des Gebets (Lk 11,1). Aber um für andere Lehrer zu sein, muss man selbst das Gebet lieben und auch selbst beten.

Und schließlich war Johannes der Zeuge des Lammes (Joh 1,15.29). Seht das Lamm Gottes! (Joh 1,35ff.) Die Worte waren für zwei seiner Jünger ausreichend, um Jesus nachzufolgen. Zeugnis für Christus abzulegen, war sein Lebensprogramm wie das Johannesevangelium berichtet. Auch Priester sind diejenigen, die den Blick der Menschen auf Christus lenken müssen. Wie Johannes müssen sie in den Hintergrund treten, damit Christus sichtbar wird. Nicht der Priester sammelt die Gemeinde, sondern der auferstandene Herr, der in der Eucharistie gegenwärtig ist. Christus selbst lädt ein zum Empfang seines Leibes und seines Blutes. Er ist es, der sich in der Liturgie an alle mit den Worten wendet: „mit Gottes Furcht, Glaube und Liebe tretet herzu…“

Weil Johannes selber seiner Herkunft nach Priester war, dürfen wir, Priester und Seminaristen, ihn zum Vorbild nehmen und darüber heute Abend nachdenken. Werde ich Johannes ein wenig ähnlich in meinem Verhalten und meiner Lebensweise, habe ich gute Chancen, Täufer, Vorläufer, Wegbereiter, rufende Stimme, Brückenbauer und Zeuge für Christus zu werden. Amen.