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Nach der Betrachtung des Apostels Johannes begegnen wir den zwei Aposteln Philippus (Bedeutung: Pferdefreund) und Bartholomeus (Bedeutung: Sohn des Talmay). Diese zwei werden fast immer in der Apostellisten (Mt 10,3; Mk 3,18; Lk 6,14) zusammen erwähnt. Im Vergleich zur synoptischen Tradition kommt im Johannesevangelium (JohEv) der Name Bartholomeus an keiner Stelle vor, stattdessen taucht dort der sonst unbekannte Natanaël (Joh 1,43-51; 21,2) auf, der zusammen mit Philippus erwähnt wird. Deshalb gibt es seit 9.-10 Jahrhundert eine Vermutung, dass Bartholomeus und Natanaël ein und dieselbe Person sei, weil es hier mit dem Namen ähnlich sein kann, wie bei Simon-Petrus: Simon Sohn des Johannes (Joh 1,42; 21,15), und Natanaël Sohn des Talmay. Leider erfahren wir sehr wenig über Natanaël (Bedeutung: Gottes Gabe). Außer seiner Abstammung aus Kana in Galiläa (Joh 21,2) und seiner Berufung zu Jesus (Joh 1,45-51) wissen wir aus den Evangelien nichts über ihn.
Was die Person des Philippus angeht, gibt es im JohEv vier Erzählungen, mit denen wir uns ein Bild von ihm machen können. In der ersten (Joh 1,43-51) lesen wir, dass Jesus Philippus gesucht hat; nahe am Griechischen heißt es, Jesus fand den Philippus und sagte zu ihm: Folge mir nach! Und unmittelbar danach erfahren wir, dass Philippus den Natanaël fand und zu Jesus führte. Also, Philippus, der in die Nachfolge Jesu Berufene, macht sich sofort auf den Weg, um andere für Jesus zu suchen und zu finden. Das Verweilen bei Jesus macht ihn aus einem einfachen Bewohner der Stadt Bethsaida zu einem Wegweiser für den prophezeiten Messias. Er fühlte sich eins mit der Gemeinschaft der Apostel, denn er spricht zu Natanaël nicht mehr von sich selbst, sondern sagt, wir haben Jesus aus Nazareth gefunden. Auch die Skepsis von Natanaël verwirrt ihn nicht, sondern er fordert ihn auf zu einer persönlichen Begegnung mit Jesus: Komm und siehe! Diesem Kommen und Sehen des Natanaël (vgl. auch Joh 1,38-39) folgt ein Dialog mit Jesus und schließlich das Bekenntnis „Rabbi, du bist der Sohn Gottes, der König von Israel“. Wenn Philippus Natanaël nicht zu Jesus geführt hätte, hätte es vielleicht keine Begegnung und kein Bekenntnis gegeben. Aus dieser Erzählung entstehen Fragen an uns. Sind wir Wegweiser zu Christus? Führen wir andere zu ihm? Manchmal reichen nur zwei Worte aus: Komm und sieh! Und alles Weitere macht Gott. Wir sollten die anderen nur ermutigen, den ersten Schritt zu wagen; den Rest aber Gott überlassen. Aber um andere zu ihm zu führen, muss man selbst in einer engen Beziehung, Verbundenheit und Vertrautheit mit Jesus sein.
An einer zweiten Erzählung von der Brotvermehrung (Joh 6,4-13) lassen sich der Realismus und das logische Denken des Philippus erkennen. Er vermag zu beurteilen, dass 200 Denare nicht ausreichen, um eine so viel Brot kaufen zu können. Obwohl Jesus wusste, was er tun würde, stellt er Philippus auf die Probe, um letztendlich seinen Glauben an ihn reifen zu lassen. Sein Realismus wirkt für ihn wie Scheuklappen und lässt ihn an Jesu Vollmacht zweifeln. Um seine Vollmacht ihm und den anderen Aposteln zu beweisen, nimmt Jesus nur fünf Gestenbrote und zwei Fische und – was macht er, er vermehrt sie, so dass „es zu einer Fülle wird“ und alle satt werden. Was sagt uns dieses Ereignis? Manchmal sind wir in unserem Realismus von unserem Verstand so überzeugt, dass wir dem lieben Gott gar keinen Raum zum Wirken lassen. Wie Philippus steuern wir alles nur mit dem Kopf um herauszufinden mit welchen Mitteln wir, um das Eine oder Andere zu erlangen. Und sollte unser Ergebnis unrealistisch aussehen, dann geben wir gleich auf, ohne das Problem Jesus anzuvertrauen. Wir entwerfen unsere Zukunft und machen feste Pläne. Wenn aber etwas schief geht, etwas nicht unseren Vorstellungen entspricht, sind wir frustriert und unzufrieden, anstatt Gott Raum zu geben, ihm zu vertrauen und zu ihm zu beten; Gott will unser Bestes, er segnet auch unseren Weg, für den wir uns mit seiner Hilfe entscheiden. Immer wieder werden wir, wie Philippus in der Nachfolge Jesu, auf die Probe gestellt. Auf diese Weise können wir immer wieder erkennen, ob wir noch ihm oder vielleicht doch nur eigenen Fähigkeiten vertrauen.
Eine dritte Szene stellt uns den Apostel Philippus wieder als einen dar, der wahrscheinlich dank seiner Griechisch-Kenntnisse Griechen zu Jesus führt (Joh 12,21f). Diese wollten nämlich Jesus sehen. Wie damals Natanaël führt Philippus auch einige Griechen zu Jesus. Anfangs, bei der Berufung der Jünger und auch kurz vor dem Leiden Jesu, erweist sich dieser Apostel als derjenige, der nicht auf sich, sondern auf Christus hinweist und Begegnungen mit ihm ermöglicht. Er ist zu den Fremden offen.
Eine vierte und letzte Szene (Joh 14,8-11) zeigt uns Philippus wieder als einen Zweifelnden. Das Verweilen bei Jesus, zahlreiche Wunder und Belehrungen sind für ihn keine ausreichende Basis für einen festen Glauben. Jesus tadelt ihn liebevoll, weil er nicht erkennen kann, dass Jesus im Vater und der Vater in Jesus zu sehen ist. Seine Spontanität und Deutlichkeit veranlasst den Apostel zu fragen, „Herr, zeig uns den Vater; es genügt uns“ (Joh 14,8). Ob Philippus die Antwort Jesu vollkommen verstanden hat, verrät uns das Evangelium nicht. Sicher ist, dass er mit seinem Märtyrertod sein Leben für ihn hingegeben hat. Der Lebensweg des Apostels Philippus lehrt uns, nie die Nachfolge Jesu aufzugeben; er mahnt uns in Zeiten des Zweifelns, in Glaubenskrisen, oder in Phasen der Resignation immer wieder aufzustehen, uns dessen bewusst zu sein, dass die Nachfolge Jesu auch Kreuzesnachfolge ist. Amen.