Die Nachrichten der letzten Wochen, Monate und Jahre bringen uns alle zum Nachdenken. Denn der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten zwingt nicht nur uns, sondern alle Menschen in Europa und in der Welt zum Handeln. So wird gerade in der Adventszeit empfohlen, zu sparen, wo es nur möglich ist, wie z. B: Verzicht auf unnötige Beleuchtung in den Städten, Verzicht auf Weihnachtsbeleuchtung und vieles mehr. Auch in kirchlichen Institutionen wird appelliert an das Verantwortungsbewusstsein, nicht nur, weil es empfohlen ist, sondern, weil es auch zum Christsein gehört, achtungsvoll und schonend mit Ressourcen der Erde umzugehen, denn all das ist ja Gottes Schöpfung. Und nicht zuletzt versuche ich meinen drei Kindern beizubringen, warum sie das Licht ausschalten müssen, wenn sie das eine oder andere Zimmer verlassen. Die Nachrichten der letzten Wochen, Monate und Jahre bringen uns alle, auch mich persönlich, zum Nachdenken. Dunkle Städte und Dörfer in der Ukraine, nicht, weil es ein Befehl ist, dem es gilt Folge zu leisten, sondern weil die Energieversorgung im Lande durch die russischen Raketen zerstört sind. Und wenn ich meine Eltern anrufe und sie bei einer brennenden Kerze sitzen sehe, wird es mir sehr bewusst, wie wichtig Licht und Wärme für uns Menschen sind. Lichtquellen, sei es eine Kerze oder ein Leuchter und Wärmequellen, wie z. B. ein Heizofen, bringen Menschen dazu, dass sie zusammenrücken, um vom Lichtspender „beleuchtet“ zu sein und vom Heizofen gewärmt zu werden. Diese Tatsache und auch die Adventszeit, bzw. der Adventskranz mit den vier Kerzen, die Sonntag für Sonntag angezündet werden, motivieren mich auf die Lichtsymbolik kurz einzugehen.
Was bedeutet für uns das Licht? Kann ein Mensch oder ein Christ für jemand oder für etwas brennen? Und schließlich, ob wir, Menschen, hierzulande gerade jetzt, in der Adventszeit, Zeichen setzen können?
Um diese Fragen beantworten zu können, lohnt es sich liturgische Texte und Riten näher zu betrachten, die ihren Ursprung unter anderem auch in der Bibel haben. Das erste, was Gott bei der Erschaffung der Welt spricht, ist: „Es werde Licht und es wurde Licht und Gott sah, dass das Licht gut war“ (Gen 1,3f.). Licht, das von Gott ausgeht und die „Weltordnung“ schafft, ermutigt den Psalmisten im Angesicht der Bedrohung und des Krieges zu beten: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil: vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Leben: vor wem sollte mir bangen?“(Ps 27,1) „Denn bei dir [Gott] ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht“ (Ps 36,10). Der Prophet Jesaja wird auch nicht müde über die Bedeutung des Lichts zu schreiben, indem er den Leser erleuchten lassen will mit den Worten: „Steh auf, werde licht, denn es kommt dein Licht und die Herrlichkeit des HERRN geht strahlend auf über dir“ (Jes 60,1) Inspiriert vom Geist möchte Jesaja Kunde geben von einem künftigen Licht, nach dem sich alle sehnen: „Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht; über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf“ (Jes 9,1). In einer gewissen Parallele zum Genesisbuch bringt der Evangelist Johannes die Lichtthematik in seinem Prolog auf den Punkt. Im Anfang war der LOGOS bei Gott und dieser LOGOS war Gott, in dem das Leben war und das Leben war das Licht der Menschen. Dieses wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt, aber die Welt erkannte ihn nicht, er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Dieser LOGOS und dieses LICHT zugleich ist schließlich Fleisch, also Mensch, geworden und hat unter uns gewohnt, Jesus Christus, der einzige Sohn vom Vater. Das ist die Grundaussage des johanneischen Prologs, eine zentrale Aussage über Ursprung und Ziel Jesu Christi, der Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott ist (Credo).
Jesus selbst versteht sich als das Licht, indem er im Streitgespräch mit den Pharisäern sagt „…Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Somit wird eine deutliche Brücke vom Evangelisten Johannes zum Prolog geschlagen. Jesus ist das Licht, das wir alle heutzutage so nötig haben. Wer diesem Lichte Folge leistet, wird das Leben in Fülle haben.
Bei der Geburt eines Kindes pflegt man zu sagen, das Kind habe das Licht der Welt erblickt und wenn Christus dieses Licht ist, könnte man sagen, der neugeborene Mensch erblickt Christus selbst, was in der Taufe der byzantinischen Kirche besonders beim Überreichen der brennenden Taufkerze, als das Christus-Symbol, zum Ausdruck kommt, und was in der Kirche lateinischen Ritus mit dem feierlichen Lobgesang (Exultet) in der Osternacht sowie mit Segnung der Osterkerze und des Osterfeuers gekennzeichnet ist. Nicht nur am Osterfest spielen Licht und Feuerwärme eine Rolle, sondern auch an Weihnachten, indem wir in die Krippe einen Blick werfen dürfen. Das kleine Kind Jesus, im Futtertrog liegend, ist auf die Hilfe von Maria und Josef angewiesen. Er, der selbst Licht und Feuer ist, braucht menschliche Zuneigung und Solidarität, um allen Widerständen zum Trotz zu leben, alle Dunkelheit und Kälte durchzustehen. Somit sind wir eingeladen, in dieser Adventszeit an alle Menschen zu denken, besonders in meinem Heimatland Ukraine und an alle die unter Krieg und Terror leiden, die sich nach Licht, Wärme und Frieden sehnen. Jedes Mal, wenn wir die nächste Adventskerze anzünden, sind wir eingeladen, solidarisch zu sein mit all den Menschen. Zeichen setzen und selbst Zeichen sein für das Licht und für den Frieden, damit die Nachricht der kommenden Tage und Wochen über das Ereignis in Betlehem uns und unser Leben mit Freude und Dankbarkeit erfüllt.