Alles fließt (panta rhei), ein Ausdruck und eine Erfahrung der griechischen Philosophen. Alles bewegt sich fort und vergeht. Kaum hat das Sommersemester begonnen, als man mit den Gedanken schon bei den Prüfungen ist: Ihr, Sprachkursstudenten denkt an die bevorstehende Prüfung im Juli und macht euch Sorgen darüber; Ihr, Magisterstudenten zählt schon jetzt alle Hausarbeiten und alle Prüfungen zusammen und hofft auf gute Ergebnisse und Erfolg. Nicht anderes ist es bei euch, Doktoranden und Lizentiaten, indem ihr jeden Tag versucht ein paar Zeilen zu schreiben, um so in den vorgesehenen Fristen erfolgreich das Studium abzuschießen. In all den Aufgaben und Pflichten fühlt man sich oft wie im Hamsterlaufrad. Je schneller ein Hamster im Laufrad läuft, desto schneller dreht sich das Rad bis mal entweder das Rad kaputt geht oder der Hamster müde und erschöpft zu laufen aufhört. So ähnlich kann es auch uns ergehen: Man macht sich viele Sorgen und Mühen, anstatt zu lernen, aus der Liturgie neue Kraft zu schöpfen, aus der Liturgie zu leben. Man läuft von einem Termin zum anderen, von einer Vorlesung zur anderen. Man findet fast keine Zeit, um zu sich zu kommen; keine Zeit, um Jesus-Gebet, Rosenkranz oder ein anderes Gebet zu verrichten; keine Zeit, um sich zu fragen nach dem eigenen Halt im Leben.
Was ist eigentlich der Halt für einen Christen und vielmehr für einen Seminaristen? Es ist nichts anderes als die tief verankerte Beziehung, ja die Freundschaft mit Christus. Ohne mich, sagt Jesus, „könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5). „Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“ (Joh 15,4-5). Weinstock und Reben sind ein wunderbares Bild für jeden Seminaristen und jeden Priester. Es gibt keine fruchttragenden Reben ohne den Weinstock mit den tiefen Wurzeln. Es gibt keinen anderen Halt für die „Reben“, als nur am Weinstockstamm zu bleiben. Es gibt keinen guten Priester, wenn er seinen Halt nicht in Christus, sondern wo anderes sucht. Unsere menschliche Natur ist Jesus vertraut, deshalb lädt er ständig ein mit den Worten: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht“ (Mt 11,28-30). Aus den Worten Jesu geht hervor genau das, was wir alle besonders in der heutigen Zeit brauchen: Ruhe für die Seele, also Gelassenheit, Vertrauen und letztendlich der feste Halt im Leben. Der beste Beweis für Ruhe und Vertrauen ist für uns Maria, die den Retter und den Versprecher der obigen Worte geboren hat. Sie trägt unsere Anliegen vor Jesus; sie reicht ihrem Sohn unsere Lebensknoten, wie es auf der Ikone in der syrischen Kapelle dargestellt ist, damit diese von ihm gelöst werden. Ganz wunderbar wird die allheilige Gottesgebärerin im Hymnos Akathistos besungen: „Sei gegrüßt, […] du Flur, die hegt die Frucht der Erbarmung, du Tafel, reich gedeckt mit Versöhnung […], du bereitest den Hafen für die Seelen, du der Fürbitte wohlgefälliger Weihrauch, du Aussöhnung der ganzen Welt […] du Zugang der Sterblichen zu Gott“ (3. Ikos). Mit Maria wird eine Brücke auf das Weihstock-Bild im Johannesevangelium geschlagen, denn sie ist „der fruchttragende Baum, von dem sich die Gläubigen nähren“; sie ist „Lebensholz mit dichtschattendem Laub, unter viele sich bergen; sie ist Unverwelklichkeit Blume; der Enthaltsamkeit Krone; Schutzkleid, das die Entblößten bedeckt; Liebe, die übersteigt jedes Verlangen“ (7. Ikos) und „ehrbares Rühmen gottgetreuer Priester“ (12. Ikos). Amen.